Ein Blog vom Filmteam Colón des Colón Language Centers Hamburg (Deutschland). Schwerpunkt: Kino in Hamburg, deutschsprachiger Film, Filmreihe DaF: Deutsch als Fremdsprache - Deutsch als Filmsprache (einmal monatlich im Metropolis-Kino Hamburg)
Der 28. Dezember 1895 gilt als das Geburtsjahr des Kinos,
denn an diesem Tag gründeten die Brüder Lumière mit öffentlichen
Filmvorführungen im Pariser "Grand Café" das erste Kino.
In der ARD-Mediathek kann man sich dazu das Kalenderblatt
der Deutschen Welle anhören.
“If I have a reputation for being difficult, it’s because I love the
everyday and want to present it. In general people go to the movies precisely
to escape the everyday.” Chantal Akerman (in
einer Hommage im Januar-Programm vertreten)
Das
Jahr 2015 endete im METROPOLIS fein, das Jahr 2016 beginnt ebenso. So freuen wir
uns, am 13.1. das DaF-Jahr mit dem spannenden und auch sehr aufschlussreichen
Politthriller DIE LÜGEN DER SIEGER beginnen
zu können. Christoph Hochhäuslers aktueller Film beschäftigt sich mit der Macht
der Lobbyisten und der Manipulation der Presse, die sich Letztere wohl viel zu
oft gefallen lässt.
„Es gibt immer weniger
Korrespondenten und investigative Journalisten. Die sind in der Debatte extrem
wichtig. Heute ist der deutsche Pressemarkt so breit gefächert und gleichzeitig
so lächerlich verengt. 95 Prozent der Journalisten verwenden vielleicht nicht
dieselben Worte, aber es ist derselbe Tenor. So entstehen die Spurrillen der
deutschen Meinung. Und wenn dann doch einmal jemand einen anderen Ton
anschlägt, hält das niemand wirklich gut aus.“ Regisseur Christoph Hochhäusler
im CICERO-Interview
Mehr
Infos zum Film sowie den Trailer erhalten Sie in diesem Blogpost. Schauen Sie auch gern dieses Video an, in dem sich Marc Uwe Kling anlässlich
des 10. Geburtstags von LOBBY CONTROLmit dem
Känguru über Lobbyismus und den neuen Todesstern austauscht.
Ob
und welche Lobbyisten an der Filmauswahl für das FUTURALE FILMFESTIVAL, das durch
25 deutsche Städte tourt und im Januar vom 14. bis zum 20. auch im METROPOLIS
haltmachen wird, beteiligt waren, wissen wir nicht. Das Festival ist Teil des
Dialogprozesses Arbeiten 4.0, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
mit dem Grünbuch Arbeiten 4.0 im April 2015 begonnen hat. Es geht um Fragen
wie: Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Und welche Spielregeln braucht es
dafür? Nach den Filmvorführungen stehen jeweils Experten den Besuchern im
Kinosaal für hoffentlich anregende Diskussionen zur Verfügung. In den Filmen
geht es um You Tuber, digitale Nomaden, 3D-Technologie, Roboter als
Pflegekräfte, wunderbare Arbeitsplätze, die Bedeutung von Arbeit heute und
Start-ups in Israel. Mehr Infos gibt es beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
In
jedem Fall kritisch setzen sich die Filme IN
DIR MUSS BRENNEN (D 2009, Regie: Katharina Pethke) und WORK HARD PLAY HARD (D 2011, Regie: Carmen Losmann) in der Reihe dokART
mit dem Thema Arbeit auseinander. Die Termine sind der 4.1. (Katharina Pethke
wird zu Gast sein) und 27.1., jeweils um 21.15 Uhr. Alles Weitere zu diesen
Filmen finden Sie auf der Webseitevon dokART.
Am 5. Oktober 2015 verstarb
die belgische Filmregisseurin Chantal Akerman, die als Pionierin des
feministischen Kinos und als große Film-Avantgardistin gilt und in ihrem Werk immer
wieder mit filmischen Tabus brach. Das METROPOLIS widmet ihr eine Hommage
mit den Filmen TOUTE UNE NUIT (B
1982), UN DIVAN À NEW YORK (F/BRD/B
1996), NO HOME MOVIE (B/F 2015)
sowie JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU
COMMERCE – 1080 BRUXELLES (B 1975). Mehr Infos zu den Filmen und die Spieltermine
finden Sie auf der Themenseite des METROPOLIS unter dem Titel HOMMAGE AN CHANTAL AKERMAN.
Sehr lesenswert ist dieser Artikel über die Filme von Chantal Akerman auf der
Webseite vom BFI. Und Adam Cook hat sich in einem Videoessay mit der „Action“ in
Akermans Film JEANNE DIELMAN
auseinandergesetzt, zu finden bei PRESS PLAY.
Außerdem
würdigt das METROPOLIS im Januar den bedeutenden deutsch-französischen Film-,
Theater- und Hörspielregisseur Max Ophüls mit den Filmen DIE VERLIEBTE FIRMA (D 1932), DIE
VERKAUFTE BRAUT (D 1932), LIEBELEI
(D 1932), LACHENDE ERBEN (D 1932), KOMÖDIE UMS GELD (NL 1936) und DE MAYERLING À SARAJEVO (F 1939/40). Die
Retrospektive wird im Februar fortgesetzt.
"Ophuls is, like all great
directors, inimitable, and if all the dollies and cranes in the world snap to
attention when his name is mentioned, it is because he gave camera movement its
finest hours in the history of the cinema." Andrew Sarris (The American Cinema,
1968). Auch der Regisseur Paul Thomas Anderson ist schwer begeistert von Ophüls
Arbeit.
Am
12.12.2015 wäre „die Stimme Amerikas“, Frank Sinatra, 100 Jahre alt geworden. Doch
selbstverständlich war Sinatra auch Schauspieler. Das METROPOLIS erinnert mit
mehreren Filmen an Sinatra als Darsteller, dabei u.a. FROM HERE TO ETERNITY (USA 1953, Regie: Fred Zinnemann). Sinatra
erhielt für seine Darstellung den Oscar als Bester Nebendarsteller. Alle
weitere Filme und deren Termine gibt es auf der Themenseitedes
METROPOLIS.
Einen
weiteren Klassiker des US-amerikanischen Kinos zeigt das METROPOLIS als NEUJAHR-SPEZIAL.
Freuen Sie sich auf ein Wiedersehen mit David Leans DOKTOR SCHIWAGO (USA 1965). Der Film wird am 1.1. um 17.00 Uhr in
seiner deutschen Fassung auf 35mm vorgeführt. Um die 197 Minuten ohne Probleme
durchzustehen, wird es eine Pause geben.
Und
einen weiteren Geburtstag gilt es im Januar zu feiern: Am 2.1.1896 wurde der
sowjetische Dokumentarfilmer Dziga Vertov geboren. Das METROPOLIS widmet
ihm die Reihe LANG
LEBE DZIGA VERTOV! und zeigt seine Filme EIN SECHSTEL DER ERDE (SU 1926) und DREI LIEDER ÜBER LENIN (SU 1934) sowie die Dokumentation IM LAND DER KINOVETERANEN – FILMEXPEDITION ZU
DZIGA VERTOV (D 1996). Die Filmemacher Thomas Tode und Rasmus Gerlach
werden zu Gast sein (Termin: 26.1. um 21.15 Uhr).
Sehr
schön auch, dass es im Januar im METROPOLIS Kino HIGHLIGHTS 2015 geben wird. Es
ist eine tolle Chance, Filme, die man gern gesehen hätte, aber verpasst hat,
nachzuholen. Und die Auswahl verspricht viele anregende Kinostunden: AMY (GB 2015, Asif Kapadia), NATIONAL GALLERY (USA/F/GB 2014,
Frederick Wiseman), TAXI TEHERAN
(Iran 2015, Jafar Panahi), A GIRL WALKS
HOME ALONE AT NIGHT (USA 2014, Ana Lily Amirpour), STILL THE WATER (F/JPN/ESP 2014, Naomi Kawase) und DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER (D 2015,
Lars Kraume).
Die
Reihe KINOFILMGESCHICHTE
befasst sich am 11.1. um 19.00 Uhr mit EDUCATE
GERMAN BY FILM – FILM ALS INSTRUMENT DER RE-EDUCATION. Nach der
militärischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg sollte Deutschland durch die
Alliierten entnazifiziert und demokratisiert werden. Dazu dienten u.a. auch
Filme als pädagogische und propagandistische Medien. Die zunächst zu diesem
Zweck gezeigten Filme handelten von der Befreiung der Konzentrationslager und verfolgten
den Zweck, (nicht nur) Deutschland über die Verbrechen der NS aufzuklären. Thomas
Thode wird am 11.1. zu diesem Thema referieren und es werden verschiedene
Kurzfilme gezeigt. Sehr empfehlenswert!
Wer
sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, den verweisen wir auf die Webseite der Brandenburgischen Zentrale für politische Bildung.
Folgende
Zitate haben wir dort entnommen.
Siegfried
Kracauer meinte 1949 zur Re-education: „Jede wirksame Mobilisierung des
deutschen Anstands muss mit einem Wechsel von Denkgewohnheiten, die
Jahrhunderte alt sind, einhergehen.“
Die
französische Zeitung „Le Monde“ zog ein Zwischenresümee der Filmpolitik der
Besatzungsmächte in Deutschland:
„Der
Film, das wunderbare Propagandainstrument, wird von den Besatzungsmächten nicht
in gleich Weise nutzbar gemacht. Manche unterschätzen ihn in ihrer
Entnazifizierungspolitik. Freilich stellt sich eine Anwendung als delikat
heraus: die Filme über die Konzentrationslager sind bei den Deutschen, die die
grobschlächtige Goebbelspropaganda ohne Wimpernzucken hinnahmen, nur auf
höfliche Gleichgültigkeit gestoßen. Aber die Produktion von Tatsachenfilmen und
die Vorführung einer Auswahl der besten alliierten Filme werden zweifellos eine
tiefgreifende Wirkung auf ein Volk ausüben, das sicherlich noch reaktionsfähig
ist. Es ist eine Frage des Taktes und des Fingerspitzengefühls.“
(In: Pressedienst, 13.12.1947, Bundesarchiv, DR 2/631)
Mit
diesen Tipps haben wir das Januar-Programm des METROPOLIS Kino natürlich
keineswegs abgedeckt. Schauen Sie sich gern auf der Themenseitedes
Kinos um, dort werden Sie weitere Programmhighlights entdecken. Wir möchten
abschließend noch auf die Premieren hinweisen, die da wären: EPHRAIM UND DAS LAMM von Yared Zeleke, WINTERGAST (Schweiz 2015) von Andy
Herzog und ganz besonders auf Godehard Gieses DIE GESCHICHTE VOM ASTRONAUTEN (D 2015).
Wir wünschen Ihnen ein gesundes
neues Jahr und ein wundervolles Kino-Jahr 2016! Im Januar fängt es ja filmisch schon
sehr vielversprechend an.
Silvester
Daß
bald das neue Jahr beginnt,
spür ich nicht im geringsten.
Ich merke nur: Die Zeit verrinnt
genauso wie zu Pfingsten.
Die
Zeit verrinnt. Die Spinne spinnt
in heimlichen Geweben.
Wenn heute nacht ein Jahr beginnt,
beginnt ein neues Leben.
Wir
freuen uns, zu Beginn des neuen Jahres in unserer Filmreihe DaF mit DIE LÜGEN DER SIEGER einen der stärksten
deutschsprachigen Filme des letzten Jahres präsentieren zu können. Regisseur Christoph
Hochhäusler ist ein wirklich packender Thriller über Macht, Manipulation (nicht
nur von Medien) und Lobbyismus gelungen, den DER SPIEGEL völlig zu Recht als den besten deutschen Polit-Thriller seit Jahren bezeichnete.
Wir bitten bei DaF am 13.1. im METROPOLIS Kino auch der großartigen
Kameraarbeit von Reinhold Vorschneider besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
DIE LÜGEN DER SIEGER
ist die Geschichte des Berliner Journalisten Fabian Groys (gespielt von Florian
David Fitz), der mit der Volontärin Nadja (Lilith Stangenberg) für ein
Hamburger Nachrichtenmagazin einen Bundeswehr-Skandal aufzudecken versucht. Nadja
stößt bei einer Recherche, zu der Fabian sie beauftragt hat, um sie
loszuwerden, auf Hinweise zu giftigen Substanzen, die mehrere Arbeiter der
Entsorgungsfirma Kuros erkranken ließen. Als die beiden Journalisten erfahren,
dass die erkrankten Mitarbeiter früher für die Bundeswehr in Afghanistan tätig
waren, scheint es einen Zusammenhang zum vertuschten Bundeswehr-Skandal zu
geben. Ihre Aufdeckungen landen als Titelgeschichte im Nachrichtenmagazin. Zur
gleichen Zeit gibt es im Bundestag eine Abstimmung über Risikostoffe, die nun
weniger restriktiv überwacht werden sollen, den Lobbyisten der Berliner
PR-Agentur, die im Auftrag der Muttergesellschaft von Kuros, TT-Holding, gehandelt
haben, sei Dank ….
"Die
Lügen der Sieger" von Christoph Hochhäusler ist so großartig, weil er
Genre-Erwartungen ernst nimmt. Und sie dann, wie alle intelligenten
Polit-Thriller, unterläuft.“ (…) „Ganz langsam schälen sich ihre Motive und
Ziele heraus, der Film gewinnt mehr und mehr an Spannung. Vertieft wird das
durch die stilistische Brillanz der Bildsprache mit ihrer um die eigene Achse
kreisenden Kamera und den ebenso eleganten wie irritierenden Lichteffekten. Die
allgegenwärtige, kaum fassbare Bedrohung, die Hochhäusler evoziert, sie schlägt
sich nieder in jedem einzelnen dieser heißkalten Digitalbilder.“ DER SPIEGEL
„Die Ungewissheit im
Banne einer vermeintlichen oder wirklichen totalen Kontrolle des Alltags durch
die, denen genau dieser Alltag vor allem als Markt, als Profitlieferant, dienen
soll, gibt dem ganzen Film eine Atmosphäre ständiger Bedrohung. Allüberall
herrscht ein vages Unbehagen, nicht wirklich zu fassen, aber zweifelsfrei da.
Rasante Schnitte und Wechsel der Erzählperspektiven übertragen das Gefühl der lauernden
Angst direkt in den Kinosaal.“ GETIDAN
„Alex
und Kottbusser Tor, Kanzleramt, Hackescher Markt, Neue Nationalgalerie und die
intime Anonymität eines vollen U-Bahn-Waggons, real, surreal, hyperreal – und
das neue Berlin wird zur suggestiven Vision. Beunruhigender Film.“ TAGESSPIEGEL
„Ich glaube aber, dass
ethisches Handeln immer eine zentrale Frage sein muss. Wie kann man
verantwortungsvoll leben? Diese Frage zu beantworten, wird insofern immer
schwerer, als dass wir mit einer Wirklichkeit konfrontiert sind, die wir nur
bedingt mitgestalten können.“ Regisseur Christoph Hochhäusler im
CICERO-Interview
Christoph Hochhäusler (Zweiter von links) während der Berlinale 2014
„Geschichte wird
gemacht aus den Lügen der Sieger, aber man würd’s nicht erkennen an den Titeln
der Bücher.“Lawrence Ferlinghetti
Nach
dem Film sollte man diese Aussage des Lobby-Coaches Hubert Koch vielleicht
nochmals überdenken:
„Lobbyismus
ist sowohl für Unternehmen aller Größen, Verbände aber auch für die Politik von
großer Bedeutung. Letzteres wird oft übersehen. In unserer zunehmend komplexer
werdenden Gesellschaft steigt der Regelungsbedarf durch die Politik beständig.
Dieser Trend wird weiter anhalten und zunehmen. Durch viele dieser neuen Regeln
werden aber die unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten von
Wirtschaftsakteuren eingeschränkt. Lobbying ist in diesem Sinne der Versuch,
Handlungsspielräume von Unternehmen zu verteidigen bzw. die Rahmenbedingungen
für eigenes Handeln mitzugestalten.“ Aus einem Gespräch der Bundeszentrale für
politische Bildung mit dem "Lobby-Coach"
Hubert Koch
Hier kann man in einem Quiz sein Wissen über
Lobbyismus testen.
Zur
kritischeren Herangehensweise an das Thema LOBBYISMUS empfehlen wir einen
längeren Blick auf die Webseite von LOBBY CONTROL.