Mittwoch, 28. Mai 2014

Rosen - Gedichte



Rosen, ihr blendenden

Rosen, ihr blendenden,
Balsam versendenden!
Flatternde, schwebende,
Heimlich belebende,
Zweiglein beflügelte,
Knospen entsiegelte,
Eilet zu blühn.

Johann Wolfgang von Goethe
 Ihr verblühet, süße Rosen
Meine Liebe trug euch nicht;
Blühtet, ach, dem Hoffnungslosen
Dem der Gram die Seele bricht!
Jener Tage denk' ich trauernd,
Als ich, Engel, an dir hing,
auf das erste Knöspchen lauernd
Früh zu meinem Garten ging.

 Johann Wolfgang von Goethe

Gedicht aus dem Rosen-Zyklus

Die klare frische Rosenblüte streichelt
mein geschlossenes Auge leicht -,
als legte sie noch tausend kühle Lider,
eines auf das andere, über
mein heißes Lid. Und tausend Schlummer
breitet sie dann über meine Täuschung hin,
darunter streif ich selbst umher
im Duft des Labyrinths.

Rainer Maria Rilke
 Die Rose stand im Tau,
es waren Perlen grau,
als Sonne sie beschienen,
wurden sie zu Rubinen.

Friedrich Rückert

An die Rose

Rose, komm! Der Frühling schwindet;
Veilchen haben dich verkündet,
Maienblumen starben hin:
Öffne dich beim Lust-Getöne
Dieser Fluren; komm, o schöne,
Holde Blumen-Königin!

Als du kamst im ersten Lenze,
Hingen tausendfache Kränze
Schon um Anger, Berg und Thal;
Ufer lockten, Wälder blühten,
Pomeranzen-Haine glühten
Weit umher im Sonnenstrahl.

Libanons umwölkte Gipfel
Hoben ihre Zedern-Wipfel
Duftend in den Morgenschein;
Doch auf dehmutsvollem Throne
Solltest du derSchöpfung Krone,
Der Geschaffnen Wonne sein.

Und du gingst mit leisem Beben
Aus der zarten Knosp' ins Leben;
Erd' und Himmel neigten sich;
Und es huldigten die Wiesen;
Nachtigallen-Chöre priesen,
Alle Nymphen liebten dich.

Goldne Schmetterlinge schlugen
Froh die Flügel; Winde trugen,
Wo die Luft in Jubel war,
Deinen Balsam; Herzen pochten
Dir entgegen; Mädchen flochten
Unter Perlen dich ins Haar.

Die von Weiber-Armut sangen,
Mahlten sie mit Rosen-Wangen;
Jede Seele, gut und mild,
Arglos, unschuldsvoll, bescheiden,
War in ihren höchsten Freuden
Dein getreues Ebenbild.

Und der Schönheit und der Jugend
Wächterinnen, Scham und Tugend,
Zu den Knospen hingebückt ,
Hüllten unter deinem Nahmen
Ihr Geheimnis; Bräute kamen
Nicht umsonst mit dir geschmückt.

Da begann der rohe Zecher,
Den von dir umblümten Becher
Keuschen Grazien zu weihn.
Allen Helden, allen Göttern
Ging das Volk mit deinen Blättern
Weg und Tempel zu bestreun.

Mit verjüngtem Herzen schlichen
Greise zu den Wohlgerüchen
Deines vollen Kelchs herbei;
Lehrten segnend ihre Söhne:
Daß hienieden alles Schöne,
Selbst die Rose sterblich sei.

An des Freundes heil'gem Grabe
Wurdest du zur letzten Gabe
Seinem Schatten dargebracht;
Solltest ihm den Pfad umschlingen,
Tränen ihm und Küsse bringen
In die leere Todes-Nacht.

Fromme singen an zu loben,
Sahn gen Himmel, ließen droben,
Zwischen Palmen ewig grün,
In des Paradieses Hallen,
Wo die reinen Geister wallen,
Dich zum Sieges-Kranze blühn.

Rose, komm! In stiller Feier,
Unter jungfräulichem Schleier,
Warfen Lilien auf dich;
Und für deine Schönheit offen,
Steht mein Herz in süßem Hoffen,
Liebes-Hauch umsäuselt mich.

O wie friedlich, o wie lauter
Diese Liebe! Wirst mich, trauter
Als der Morgensterne Pracht,
Von der Weisheit unterrichten,
Die so stolz der Berge Fichten,
Dich so klein und schön gemacht,

Dass in deinem holden Wesen
Wir der Seelen Unschuld lesen,
Uns die Brust von Ahndung schlägt;
Daß der Geist der niedern Blume
Unsern Geist zum Heiligtume
Schöner Gottes-Engel trägt.

Johann Georg Jacobi