Mittwoch, 22. Oktober 2014

Dokumentarfilm ZEIT DER NAMENLOSEN


Dokumentarfilm ZEIT DER NAMENLOSEN von Marion Leonie Pfeifer über Zwangsprostitution verbunden mit Menschenhandel in der EU am 21.10.2014 im METROPOLIS Kino Hamburg.  

Im Film geht es vornehmlich um Frauen aus Osteuropa, die unter falschen Versprechungen nach Westeuropa gelockt werden, wo sie jedoch keine Tätigkeit als Verkäuferin oder Kellnerin erwartet, sondern wo sie zur Prostitution gezwungen werden. Teils haben sie im 10-, 20- oder 30-Minuten-Takt einen neuen Freier zu bedienen, und das 23 Stunden (!) am Tag. 

Ein Paradies für die Menschenhändler und Zuhälter (und Freier), die den Frauen das antun, dürfte Deutschland mit seiner liberalen Rechtsprechung sein. THE ECONOMIST spricht von Deutschland als einem riesigen Bordell („Prostitution in Germany – A giant Teutonic brothel“). Schlimm das im Film angeführte Beispiel eines Bordells: „Eine Frau, ein Bier, ein Würstchen für nur 8,90 Euro“. Etwa hundert Männer sollen dieses Angebot angenommen haben, ihnen sollen vier (!) Sexarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben. 

Ein wenig überrascht war ich von der Diskussion nach der Filmvorführung, die doch im Endeffekt auf die Forderung nach einem Sexkaufverbot hinauslief. Der Film läuft meines Erachtens nicht in diese Richtung. Dazu hätte ich gern die Regisseurin Marion Pfeifer gehört, die jedoch leider nicht anwesend war. Und würde die Bestrafung des Kaufs von sexuellen Diensten die Probleme wirklich lösen? Werden dann nicht eher Freier (und eventuell die Prostituierten) verfolgt und bestraft, als dass man sich der Gewalt gegen Prostituierte (gegen Frauen) annähme? In den USA ist die Prostitution seit jeher verboten. Gibt es dort deshalb keine? Und gibt es dort keinen Menschenhandel dieser Art? Und haben die Verbote in Schweden und Norwegen tatsächlich den erhofften Erfolg gebracht? Wurden die (europäischen) Probleme des Menschenhandels dadurch nicht nur verlagert, beispielsweise nach Deutschland?

Ich kann all diese Fragen leider nicht beantworten. Aber was ist das für eine Gesellschaft (eine Welt), in der Menschen (und vielleicht speziell Frauen) so viel Leid angetan wird (und nicht nur im Bereich der Prostitution). Gibt es eigentlich noch so etwas wie Empathie?

Abschließend zum Film als Film: Das Thema ist wohl einfach zu bedrückend, als dass man auf die filmische Umsetzung achten würde. Aber ich fand die teils experimentellen Bilder, die vornehmlich in Schwarzweiß gedreht sind, als Unterstützung der Aussage und Wirkung sehr gelungen.

Links mit mehr Informationen zum Film ZEIT DER NAMENLOSEN: 

Aktionsbündnis GEGEN FRAUENHANDEL 
Videobeitrag von CAMPUS TV (lässt sich leider nicht einbetten).


Deutschlandfunk: Ein Gespräch mit Lea Ackermann von der Organisation SOLWODI. 
Deutschlandradio Kultur zum Verbot der Prostitution in Schweden und zur geplanten Verschärfung des deutschen Prostitutionsgesetzes.