Donnerstag, 3. Mai 2018

Das Jahr 1956 und die schweigenden Abiturienten


DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER am 9.5. (19.00) in unserer Filmreihe #DaF im METROPOLIS Kino. Der Film beruht auf einem realen Ereignis vom Herbst 1956 in der noch jungen DDR. Die Schüler einer Abiturklasse in Storkow (im Film Stalinstadt) legten in Gedenken an die Opfer des Aufstandes in Ungarn im Unterricht eine Schweigeminute ein, was nicht ohne Folgen blieb. Selbst der Minister für Volksbildung Fritz Lange (ein ehemaliger Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, im Film dargestellt von Burghart Klaußner) suchte die Schüler auf und drohte ihnen mit weit reichenden Konsequenzen. Mehr zum Film und den Trailer gibt es in diesem Blogpost.


1956 war tatsächlich ein besonderes Jahr in den osteuropäischen Ländern. Im Februar 1956 hatte der Erste Sekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Nikita S. Chruschtschow, auf dem XX. Parteitag der KPdSU mit seinem Vorgänger Josef Stalin abgerechnet und damit offiziell die Entstalinisierung eingeleitet.

Chruschtschows Kritik betraf auch andere osteuropäische Führer, die unter Stalin an die Macht gekommen waren. Dazu gehörte beispielsweise der Erste Sekretär der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP), Boleslaw Bierut. In Polen kam es daraufhin zu Unruhen, später auch in Ungarn. Während die Umsturzversuche in Polen jedoch friedlich abgewendet werden konnten, bedurfte es in Ungarn des Einsatzes sowjetischer Truppen, um den Volksaufstand, der mit Forderungen von Studenten nach demokratischen Freiheiten begonnen hatte, niederzuschlagen.

In Ungarn hatten sich im Herbst 1956 die Armee und die Polizei auf die Seite der Aufständischen geschlagen und der Reformkommunist Imre Nagy eine neue Regierung gebildet, das Mehrparteiensystem eingeführt und freie Wahlen angekündigt. Zudem trat Ungarn am 1. November 1956 aus dem Warschauer Pakt aus und erklärte sich für neutral. Sowjetische Truppen beendeten die ungarische Revolution, viele Ungarn kamen bei den Kämpfen ums Leben und etwa 200.000 verließen ihr Land.

Diese blutige Niederschlagung des Aufstandes in Ungarn bewog die Abiturienten von Storkow zu ihrer folgenschweren Schweigeminute. Lars Kraume erzählt in DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER spannend und authentisch ihre Geschichte und gibt uns auch einen Einblick in die Lebenswelt und Sehnsüchte einer jungen Generation, die in einem Staat lebte, der sich im Jahr 1956 um seine bestehende gesellschaftliche Ordnung sorgte und daher bemüht war, jegliches Aufkeimen von Widerstand im Keim zu ersticken. 
Bei der Bundeszentrale für politische Bildung kann man sich umfassend über das Krisenjahr 1956 informieren. 

Fotos: © StudioCanal