Große Ereignisse werfen ja bekanntlich ihre Schatten
voraus: Am 5. Oktober startet das 25. Filmfest Hamburg.
Es werden 130 Filme in elf Sektionen gezeigt. Das Programm für zehn Tage Kino
vom Feinsten ist bereits veröffentlicht und kann in allen teilnehmenden Kinos (CinemaxX Hamburg-Dammtor,
Metropolis,
Abaton, Passage, Studio-Kino) und auch
online entdeckt werden.
Wer sich online nicht so gern durch die einzelne Veranstaltungstage
durchklicken möchte, dem empfehlen wir einen Blick in die Sektionen,
beispielsweise TRANSATLANTIK
(Kino aus den USA und Kanada), VOILÀ (französischsprachiges Kino), VITRINA (spanisch- und portugiesischsprachiges
Kino), ASIA EXPRESS (Filmkulturen aus Fernost), VETO (Politisches Kino) oder auch KALEIDOSKOP (Filme aus aller Welt). Alle Filme
werden in ihren Originalfassungen mit Untertiteln gezeigt.
Das Filmfest Hamburg ist jedoch nicht nur ein
Filmfestival für das Publikum, das Lust auf neue Kinofilme aus der ganzen Welt hat,
sondern es zeichnet auch Filmproduktionen mit verschiedenen Preisen aus, z.B. mit dem Filmfest Hamburg
Kritikerpreis, dem Commerzbank
Publikumspreis, dem NDR
Nachwuchspreis und dem Art Cinema
Award (um nur einige zu nennen). Die Preise werden am Abschlusstag, dem
14.10., im Rahmen der Abschlussfeier vergeben. Zudem erhält beim Filmfest
Hamburg alljährlich ein Filmschaffender den Douglas Sirk Preis.
In diesem Jahr wird er einem der bedeutendsten deutschen Regisseure, Wim
Wenders, überreicht. Im Rahmen dieser Veranstaltung,
die am 13.10. stattfindet, wird Wim Wenders auch seinen neuen Film SUBMERGENCE
(mit James McAvoy und Alicia Vikander) persönlich vorstellen.
Es werden jedoch jede Menge anderer Gäste zum 25.
Filmfest Hamburg erwartet. Um nur einige zu nennen: Claude Lanzmann (NAPALM, am 12.10.), François Ozon und
Jérémie Renie (L’AMENT DOUBLE, am
10.10. und 13.10.), Ruben Östlund (THE
SQUARE, am 14.10.), Buket Alakus (EINE
BRAUT KOMMT SELTEN ALLEIN, am 7.10.), Volker Schlöndorff und David Striesow
(DER NAMENLOSE TAG, am 9.10.), Lars
Kraume (DENGLER – DIE SCHÜTZENDE HAND,
am 9.10.), Mohammad Rasoulof (A MAN OF
INTEGRITY, am 11.10. und 12.10.), Jonathan Dayton und Valerie Faris (BATTLE OF THE SEXES, am 11.10.), Denis
Côté (A SKIN SO SOFT, am 11.10.), Felix Randau, Jürgen Vogel und Susanne Wuest (DER MANN AUS DEM EIS, am 7.10.), Luise Wolfram und Lars Eidinger (MATHILDE, am 8.10.), u.v.m.
Parallel zum Filmfest für die Großen geht auch in diesem Jahr
wieder das Michel Kinder und JugendFilmfest
an den Start. Eine jugendliche Jury wird den Michel Filmpreis vergeben.
Das Filmfestzentrum des Filmfest Hamburg befindet sich
während des Festivals wieder im Festivalzelt auf dem Allende Platz. Dort kann
man Infos bekommen, einfach nur einen Kaffee trinken und andere
Filminteressierte oder auch Filmschaffende treffen, abends bei Livemusik Party
feiern oder bei UNZENSIERT und KLAPPE AUF! Filmemachern in Talkrunden
bzw. Interviews lauschen. Hier gibt es konkretere Infos zu den Rahmenveranstaltungen beim Filmfest.
Abschließend geben wir euch hier gern noch ein paar Tipps
zum Programm, selbstredend vollkommen subjektiv (mit Links zum Programmhinweis
auf der Seite des Filmfest Hamburg, wo ihr auch direkt Eintrittskarten kaufen
könnt).
Meine erste Wahl beim Jubiläumsfilmfest ist Sean Bakers FLORIDA PROJECT (USA 2017) am 12.10. Seitdem ich 2015 beim Internationalen Filmfest Oldenburg die
Gelegenheit hatte, Bakers TANGERINE (komplett
mit seinem iPhone gedreht) zu sehen, bin ich gespannt auf seinen Nachfolger. Und
der feierte im Mai in Cannes seine Premiere und wurde hoch gelobt. Sein iPhone
hat Baker jedoch gegen eine 35mm-Kamera ausgetauscht. Ich glaube, diesen Film
sollte man keinesfalls verpassen.
Der kürzlich verstorbene Harry Dean Stanton ist beim
Filmfest Hamburg in LUCKY (USA 2017) in seiner letzten Rolle zu sehen. Allein, um den letzten Auftritt dieses
großen Darstellers erleben zu können, sollte es einen ins Kino beim Filmfest
Hamburg ziehen. LUCKY wird das
Filmfest als Liebeserklärung an das Leben am 5.10. im CinemaxX 1 eröffnen,
dafür dürfte es allerdings kaum noch Karten geben. Der Film hat jedoch zwei
weitere Termine, und zwar ebenfalls am 5.10. im CinemaxX 2 sowie am 6.10. im
Passage. Der Regisseur John Carroll Lynch (bisher als Schauspieler bekannt)
wird bei allen drei Vorführungen seines Filmes vorbeischauen.
Wesentlich düsterer als in LUCKY oder FLORIDA PROJECT
geht es in Stephan Komandarevs DIRECTIONS (Bulgarien 2017) zu, der am 9.10. und am
12.10. gezeigt wird. Beim Filmfest Hamburg 2016 war mit GODLESS von Ralitza Petrova ein bulgarisches Drama mein
persönlicher Lieblingsfilm und ich bin sehr gespannt auf Komandarevs
Episodenfilm DIRECTIONS.
Filmfestivals sind ja auch immer hervorragende
Gelegenheiten, Filme anzusehen, die man möglicherweise sonst nie wird sehen
können. Zwar zeigt das Filmfest Hamburg auch George Clooneys (nein, er wird
nicht zu Gast sein) aktuelle Regiearbeit SUBURBICON
mit Matt Damon und Julianne Moore, aber möglicherweise fasziniert einen ein
Film wie Karim Moussaouis UNTIL THE BIRDS RETURN (Frankreich/Algerien, am 8.10. und 10.10.), der in drei Geschichten aus
Algerien ein Land auf der Suche zeigt, viel mehr als ein Clooney-Film.
Der französische Regisseur François Ozon hat mit FRANTZ einen meiner Lieblingsfilme des
Jahres 2016 gedreht, jetzt wird er seinen erotischen Psychothriller L’AMANT DOUBLE zusammen mit dem Darsteller Jérémie Renier am 10.10.und 13.10. persönlich in
Hamburg vorstellen.
Die Hamburger Produktionsfirma TamTam Film hat so
wundervolle Filme wie den Kurzfilm BEIGE,
die Kiezdoku MANCHE HATTEN KROKODILE
und Max Zähles SCHROTTEN produziert
(alle drei konnten wir in unserer Filmreihe DaF im METROPOLIS Kino
präsentieren), jetzt sind Dirk Decker und Andrea Schütte mit der dänisch-deutschen
Koproduktion LETTERS FOR AMINA (6.10. und 8.10.) beim Filmfest Hamburg vertreten. Am 6.10. werden sie mit dem
Film, dem dänischen Regisseur Jacob Bitch und den dänischen Produzentinnen
Brigitte Skov und Signe Leick Jensen im CinemaxX 8 zu Gast sein.
Wer eine Fremdsprache lernt oder unterrichtet, wie wir es
hauptberuflich tun, oder wer einfach einen Film genießen möchte, der ein
raffiniertes Spiel mit dem Erlernen des Konditionalis im Spanischen und Zukunftsoptionen
einer jungen Chinesin in Argentinien darstellt, der sollte sich ein Ticket für Nele
Wohlatz‘ THE FUTURE PERFECT (8.10. und 10.10.) besorgen.
Der chinesische Künstler Ai Weiwei, der mittlerweile in
Berlin lebt, hat auf einer einjährigen Reise durch 23 Länder viele Menschen
getroffen, die ihre Heimat wegen eines Krieges oder Elends verlassen mussten.
In seinem Dokumentarfilm HUMAN FLOW (10.10.
und 14.10.)
lässt er sie zu Wort kommen und stellt sie stellvertretend für die 65 Millionen
vor, die sich derzeit auf der Flucht befinden.
Im letzten Jahr verstarb mit Abbas Kiarostami einer der
bedeutendsten iranischen Regisseure. Sein letztes Werk 24 FRAMES (Iran/Frankreich, am 6.10. und 8.10.) konnte er nicht
mehr selbst fertigstellen, das übernahm sein Sohn Ahmad, sodass es nun die
Möglichkeit gibt, noch einmal die große Kunst dieses Filmemachers auf sich
wirken zu lassen.
Wir schließen unsere Tipps mit einem anderen Großen,
allerdings einem Großen der Musik. Der Regisseur Eugene Jarecki ist im Rolls
Royce von Elvis Presley quer durch die USA gefahren und hat Fans des King of
Rock‘n Roll (u.a. Ethan Hawke, Ashton Kutcher und Alec Baldwin) über Elvis und
das Leben in den USA 40 Jahre nach dessen Tod sprechen lassen. Sein
Dokumentarfilm PROMISED LAND: KING OF AMERICA
ist eine Bestandsaufnahme der besonderen Art.