Zum Abschluss unseres DaF-Jahres im METROPOLIS Kino
zeigen wir den vielleicht spannendsten deutschen Film aus dem Jahr 2018:
Michael (Bully) Herbigs BALLON über
die Flucht zweier Familien aus der DDR nach Westdeutschland in einem
selbstgebauten Heißluftballon.
Herbig, der für seine Komödien bekannt wurde, ist ein
nervenaufreibender Thriller gelungen, wie man sie so im deutschen Kino eher
selten findet. Die Familien Strelzyk und Wetzel, denen im Jahr 1979
die
spektakuläre
Flucht gelang, standen Herbig bei der Realisierung des Stoffes beratend zur
Seite und sollen sehr zufrieden mit dem Endergebnis sein.
Im Vergleich zum Hollywood-Film MIT DEM WIND NACH WESTEN (Originaltitel NIGHT CROSSING) von Delbert Mann aus dem Jahr 1982 bildet Herbig in
BALLON jedoch auch die politischen
Hintergründe in der DDR ab und lässt, wie schon Andreas Dresens GUNDERMANN (den wir im November gezeigt
haben), erkennen, wie schwierig es war, sich in der DDR linienkonform zu
verhalten und Repressalien zu entgehen. So werden dann auch die
DDR-Grenzsoldaten, die den ersten (gescheiterten) Fluchtversuch mit einem
Ballon nicht bemerkt haben, abserviert und der Oberleutnant Seidel (ganz
großartig gespielt von Thomas Kretschmann), der die Untersuchungen leitet und
einen weiteren Fluchtversuch verhindern soll, steht enorm unter Druck.
Die rundum gelungene Ausstattung, der tolle Schnitt und
eine perfekt eingesetzte Filmmusik tragen ebenso wie die Geschichte des
dramatischen Wettlaufs mit der Zeit zwischen den beiden Familien und der Stasi,
die ihnen auf der Spur ist, zur atemlosen Spannung bis zum Schluss bei.
„Vom ersten Moment an hält Herbig die Spannung hoch, und
sie lässt in den folgenden 120 Minuten nur selten nach. Die Ballonfahrt
inszeniert er als unglaublich spannende Tour de Force, die Kleinigkeiten als
tödliche Gefahren in den Vordergrund rückt. In den weniger mitreißenden
Sequenzen schafft er eine Atmosphäre des Misstrauens, wie man sie sich in jenen
Tagen der DDR vorstellt. Der Zuschauer wird mit hineingezogen in dieses
Misstrauen. Jeder Passant scheint einen zu beobachten, jeder scheint einen zu
verfolgen.“ kino-zeit
„Herbig gelingen sehr emotionale Momente. Er schafft auch
Bilder, die sich einbrennen, etwa wenn die Strelzyks in Ostberlin vom Hotel aus
auf den Westen schauen, was aber von außen als Spiegelung durchs Glas gezeigt
wird, wodurch die Familie umso eingesperrter wirkt. Man sieht hier dem
Filmemacher dabei zu, wie er sich völlig neu erfindet. Ein Regisseur, der die
ganze Klaviatur des Spannungskinos bedient. Und dem es gelingt, dass man bis
zur letzten Minute mitbangt, obwohl das Ende bekannt ist. Ganz zuletzt gibt es
eine bittere Pointe. Als die Flüchtigen in Oberfranken landen, fragt ein Bayer:
»Wie viele kommen denn da noch?« Da ist der Film plötzlich ganz nah an der
heutigen Flüchtlingskrise. Und macht deutlich, dass es noch gar nicht so lange
her ist, dass auch Deutsche geflohen sind, weil sie keine Zukunft sahen.“ epd Film
BALLON
erhielt von der Deutschen Film- und Medienbewertung das Prädikat Besonders Wertvoll.
Text: Regina
Nickelsen, Colón Language Center
DaF
am 5.12.2018 (19.00) im METROPOLIS Kino Hamburg:
BALLON
Deutschland 2018
Regie: Michael Bully Herbig
Lauflänge: 117 Minuten
Fotos und Trailer: © STUDIOCANAL