Reginas Begegnung mit „Zwölf Stühlen“
Nach
dem tollen Eröffnungsfilm der Werkschau der deutschen Regisseurin Ulrike
Ottinger UNTER SCHNEE im Metropolis hatte ich am Sonntagabend die Gelegenheit, mir
mit ZWÖLF STÜHLE einen weiteren Film der 1942 in Konstanz geborenen
Filmemacherin, Fotografin, Hörspielautorin, Theater- und
Opernregisseurin anzusehen.
Der Film ZWÖLF STÜHLE beruht auf dem berühmten
russischen Roman mit dem gleichen Titel von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow aus dem
Jahr 1928. Ulrike Ottingers Film hält sich, soweit ich es beurteilen kann (ich
habe den Roman niemals gelesen), relativ nah an der Vorlage und wartet mit, wie
von Ottinger bekannt, wundervollen Bildern auf. Ottinger hat den Film in
russischer und deutscher Sprache gedreht: Sämtliche Dialoge sind russisch (mit
deutschen Untertiteln), der Off-Text ist deutsch gesprochen, was mir
ausgesprochen gut gefallen hat. Hinzu kommen ausgezeichnete Schauspieler, wobei
mir die Figur des smarten Ganoven Ostap Bender ganz besonders viel Freude
bereitete.
Herrlich war auch die Vermischung der eigentlichen
Handlung im Russland nach der Oktoberrevolution mit einer teils neuzeitlichen
Kulisse, durch die Statisten in moderner Kleidung des 21. Jahrhunderts
schritten und beispielsweise Graffiti mit dem Batman-Konterfei an einer Wand
prangte. Ein Film, den man eigentlich mindestens noch ein zweites Mal ansehen
sollte, um noch mehr Anspielungen entdecken zu können. Leider hat das
Metropolis-Kino ihn während der Werkschau Ulrike Ottingers nur einmal im
Programm, so dass man auf eine spätere Chance hoffen muss, denn im Falle einer
so großartigen 35mm-Kopie, in der der Film am Sonntag im Metropolis vorgeführt
wurde, gibt es einfach überhaupt keine Alternative zur großen Kinoleinwand.
Aber die gibt es ja ohnehin niemals.
Mein Fazit: Ein wirklich beeindruckender und sehr
vergnüglicher Film, genau das Richtige für einen trüben Novemberabend und mit
197 Minuten, die wie im Fluge vergingen, keineswegs zu lang. Auch wenn mir als
Deutsche sicher einige Seitenhiebe auf das sowjetische System entgangen sein
mögen, so konnte ich doch eine Menge des Spotts in dieser Gaunergeschichte
genießen. Es ist wohl an der Zeit, endlich einmal den Roman zu lesen, den mir
russische Schüler schon des Öfteren empfohlen haben.
„Der Film ZWÖLF
STÜHLE verknüpft in spektakulärer Weise die Dramaturgie einer Schatzsuche und
Verfolgungsjagd mit einer dichten Bilderwelt von Personen und Orten. Er erzählt
zugleich von gestern und heute, von der Realität der Menschen in den
GUS-Staaten und vom Allgemeinmenschlichen unseres eigenen Handelns. Große
gesellschaftliche Utopie vermischt sich so mit der individuellen Hoffnung auf
das ganz persönliche Glück, sei es durchs Geld oder in der Liebe. ZWÖLF STÜHLE
gelingt es, eine witzige, tragische und humane Welt zu zeigen: Sie ist immer
zugleich großer Entwurf und zusammengeflickte Existenz.“
Text zum Film von Ulrike Ottinger
Die Werkschau Ulrike Ottinger läuft noch bis zum
27.11.2012 im Metropolis-Kino und es gibt noch einige andere Filme zu
entdecken: Metropolis Kino Hamburg
(Eine begeisterte Regina)