Ein Blog vom Filmteam Colón des Colón Language Centers Hamburg (Deutschland). Schwerpunkt: Kino in Hamburg, deutschsprachiger Film, Filmreihe DaF: Deutsch als Fremdsprache - Deutsch als Filmsprache (einmal monatlich im Metropolis-Kino Hamburg)
Für uns war’s das schon in diesem Jahr mit unserer
Filmreihe DaF
(Deutsch als Fremdsprache – Deutsch als Filmsprache) im METROPOLIS Kino.
Und es hat uns erneut sehr viel Spaß gemacht.
Wir danken allen Besuchern von DaF im METROPOLIS Kino und hoffen, Sie und euch im nächsten Jahr wieder
begrüßen zu können. Am 16. Januar 2019 geht es wieder los mit DaF.
Darf man in Deutschland sein Kind Adolf nennen? In Sönke
Wortmanns Gesellschaftskomödie DER
VORNAME kündigt der Unternehmer Thomas (Florian David Fitz) beim Besuch
seiner Schwester Elisabeth (Caroline Peters) und deren Ehemann, dem Literaturprofessor
Stephan (Christoph Maria Herbst), an, er und seine Freundin Anna wollten genau
das tun. Ein gemütlich geplantes Abendessen wird zu einem bitterbösen Streitgespräch,
in das auch der Familienfreund René und Anna hineingezogen werden. Es geht um
Jugendsünden, Kindererziehung, die richtigen Lebensformen, Politik. Sie werfen
einander all das vor, was sie zwar schon immer gedacht haben, aber vielleicht
nie ausgesprochen hätten. Wir Zuschauer jedoch können uns genüsslich
zurücklehnen und uns herrlich amüsieren. Denn wie epd film anmerkte: „Schöner
wurde in deutschen Komödien selten gestritten.“
DER
VORNAME basiert auf dem französischen Theaterstück LE PRÉNOM, das in Frankreich im Jahr
2012 von Alexandre De La
Patellière und Matthieu Delaporte verfilmt wurde. Sönke
Wortmann hat seinen Film auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten, wo der
Vorname Adolf natürlich nochmals eine ganz besondere Bedeutung erlangt.
Wissenswertes: Laut dem Namenkundlichen
Zentrum in Leipzig wurde der Vorname Adolf zwischen 2006 und 2013 in
Deutschland dreizehnmal vergeben.
„Kaum eine Frage an werdende
Eltern ist heikler als die nach dem Namen für den Nachwuchs. Doch was passiert,
wenn das Kind "Adolf" heißen soll? In Sönke Wortmanns neuem Film
"Der Vorname" laufen Christoph Maria Herbst, Florian David Fitz und
Caroline Peters zur Höchstform auf. Für seine filmische Adaption des
Theaterstücks "Le Prénom" versetzt Regisseur Sönke Wortmann die
Handlung aus der Pariser Bourgeoisie ins deutsche Gutbürgertum.“ SWR
"Im Laufe ihres Zanks machen alle Figuren Argumente und
strategische Schachzüge, die ihrem Klischee entsprechen – und welche, die ihm
klar widersprechen. Dadurch gewinnen alle Streithähne an Identifikationspunkten
– und dieses „Wie, jetzt bin ich auf dessen Seite?“-Gefühl, das „Der Vorname“ so
auslöst, hat in der heutigen, entmenschlichten Streitkultur durchaus Wert. Fazit: In „Der Vorname“ fliegen die verbalen Fetzen,
und das Ensemble hat ansteckende Freude daran: Filmreif ausgeleuchtet und flott
erzählt macht Sönke Wortmann aus einem französischen Theaterstück eine sehr
deutsche, dennoch sehr lustige Film-Angelegenheit.“ Wessels Filmkritik
„Ein großes Vergnügen ist diese
Adaption eines französischen Stücks, das mit seiner Ausgangsidee, den natürlich
gerade in Deutschland aus offensichtlichen Gründen verpönten Vornamen Adolf
wiederzuentdecken, geradezu nach einer deutschen Adaption verlangt hat. Die hat
nun Sönke Wortmann in seinem besten Film seit Jahren erfolgreich vorgelegt.“ Programmkino
Zum Abschluss unseres DaF-Jahres im METROPOLIS Kino
zeigen wir den vielleicht spannendsten deutschen Film aus dem Jahr 2018:
Michael (Bully) Herbigs BALLON über
die Flucht zweier Familien aus der DDR nach Westdeutschland in einem
selbstgebauten Heißluftballon.
Herbig, der für seine Komödien bekannt wurde, ist ein
nervenaufreibender Thriller gelungen, wie man sie so im deutschen Kino eher
selten findet. Die FamilienStrelzyk und Wetzel, denen im Jahr 1979diespektakuläre
Flucht gelang, standen Herbig bei der Realisierung des Stoffes beratend zur
Seite und sollen sehr zufrieden mit dem Endergebnis sein.
Im Vergleich zum Hollywood-Film MIT DEM WIND NACH WESTEN (Originaltitel NIGHT CROSSING) von Delbert Mann aus dem Jahr 1982 bildet Herbig in
BALLON jedoch auch die politischen
Hintergründe in der DDR ab und lässt, wie schon Andreas Dresens GUNDERMANN (den wir im November gezeigt
haben), erkennen, wie schwierig es war, sich in der DDR linienkonform zu
verhalten und Repressalien zu entgehen. So werden dann auch die
DDR-Grenzsoldaten, die den ersten (gescheiterten) Fluchtversuch mit einem
Ballon nicht bemerkt haben, abserviert und der Oberleutnant Seidel (ganz
großartig gespielt von Thomas Kretschmann), der die Untersuchungen leitet und
einen weiteren Fluchtversuch verhindern soll, steht enorm unter Druck.
Die rundum gelungene Ausstattung, der tolle Schnitt und
eine perfekt eingesetzte Filmmusik tragen ebenso wie die Geschichte des
dramatischen Wettlaufs mit der Zeit zwischen den beiden Familien und der Stasi,
die ihnen auf der Spur ist, zur atemlosen Spannung bis zum Schluss bei.
„Vom ersten Moment an hält Herbig die Spannung hoch, und
sie lässt in den folgenden 120 Minuten nur selten nach. Die Ballonfahrt
inszeniert er als unglaublich spannende Tour de Force, die Kleinigkeiten als
tödliche Gefahren in den Vordergrund rückt. In den weniger mitreißenden
Sequenzen schafft er eine Atmosphäre des Misstrauens, wie man sie sich in jenen
Tagen der DDR vorstellt. Der Zuschauer wird mit hineingezogen in dieses
Misstrauen. Jeder Passant scheint einen zu beobachten, jeder scheint einen zu
verfolgen.“ kino-zeit
„Herbig gelingen sehr emotionale Momente. Er schafft auch
Bilder, die sich einbrennen, etwa wenn die Strelzyks in Ostberlin vom Hotel aus
auf den Westen schauen, was aber von außen als Spiegelung durchs Glas gezeigt
wird, wodurch die Familie umso eingesperrter wirkt. Man sieht hier dem
Filmemacher dabei zu, wie er sich völlig neu erfindet. Ein Regisseur, der die
ganze Klaviatur des Spannungskinos bedient. Und dem es gelingt, dass man bis
zur letzten Minute mitbangt, obwohl das Ende bekannt ist. Ganz zuletzt gibt es
eine bittere Pointe. Als die Flüchtigen in Oberfranken landen, fragt ein Bayer:
»Wie viele kommen denn da noch?« Da ist der Film plötzlich ganz nah an der
heutigen Flüchtlingskrise. Und macht deutlich, dass es noch gar nicht so lange
her ist, dass auch Deutsche geflohen sind, weil sie keine Zukunft sahen.“ epd Film
BALLON
erhielt von der Deutschen Film- und Medienbewertung das Prädikat Besonders Wertvoll.
Anlässlich der
100. Wiederkehr der Gründung der Weimarer Republik erinnern CineGraph und
Bundesarchiv an den in Österreich geborenen Regisseur Joe May (1880-1954),
einen der wichtigsten Filmschaffenden des Weimarer Kinos.
Joe
May war ein Pionier des deutschen Films, er machte den Detektivfilm in Deutschland bekannt und populär
und leitete später die deutsche Monumentalfilmzeit ein. Mit seinen Filmen HEIMKEHR (22.11., 17.00 Uhr, im
Metropolis) und ASPHALT (19.11.,
18.30 Uhr, im Metropolis + 29.11., 20.15 Uhr, im Alabama) beide aus dem Jahr
1928, zeigte sich May sozial engagierter und realistischer als in seinen
früheren Werken. Zwei Filme, die sich ganz besonders zu entdecken lohnen.
Joe
May emigrierte 1933 in die USA, konnte jedoch in Hollywood nie so richtig Fuß
fassen und verarmte nach Abschluss seiner Karriere. Beim Cinefest sind sowohl
sein wohl bedeutendster Hollywood-Film THE INVISIBLE MAN RETURNS (USA
1939/40) als auch sein letzter Film JOHNNY DOESN’T LIVE HERE ANYMORE
(USA 1943/44) zu sehen. Termine im Metropolis: 25.11. um 14.30 Uhr bzw. 21.15
Uhr.
Wissenswertes
am Rande: Joe May war Entdecker und Förderer von Fritz Lang.
Das komplette Filmprogramm des Cinefest 2018 mit Details
zu den Filminhalten und Terminen kann man hier einsehen. Die Stummfilme werden live musikalisch
begleitet.
In den Bücherhallen Hamburg findet noch bis
zum 30.11.2018 die Ausstellung „Meister des Weimarer Kinos – Joe May und das
wandernde Bild“ statt.
Wir empfehlen: Cinefest besuchen und auch die Stummfilme
mit sicherlich beeindruckender Livemusik erleben und genießen!
Im November 1989 begann mit der Öffnung der innerdeutschen Grenze
und dem Fall der Mauer in Berlin das Ende der DDR. Wir zeigen am 14.11. Andreas
Dresens großartigen Film GUNDERMANN, auch um daran zu erinnern, dass zur
Geschichte Deutschlands auch die Geschichte der DDR gehört.
Gerhard Gundermann war ein bekannter Liedermacher in der DDR
und später auch im wiedervereinigten Deutschland. Andreas Dresen kommt in
seinem neuen Film GUNDERMANN diesem widersprüchlichen Charakter,
der neben seiner musikalischen Karriere stets weiterhin als Baggerführer tätig
blieb, der Freunde und Bekannte bespitzelte und selbst bespitzelt wurde, sehr
nah: ein einfühlsamer, historischer Film, ein Heimatfilm, ein Musikfilm und
gleichzeitig auch eine schöne Liebesgeschichte mit einem unglaublich starken Alexander
Scheer als Gundi.
Gundi, ein Idealist, aber auch ein Rebell, der SED-Mitglied
wurde, weil er an den Sozialismus glaubte. Dresen erzählt differenziert ohne
Beschönigung am Beispiels Gundermanns die Schwierigkeit, auf dem schmalen Grad
des Glaubens an eine Idee und des möglichen Verrats an Mitmenschen zu wandern.
"Gundermann" ist einer der reichsten,
differenziertesten, tollsten Filme über die DDR. Und vielleicht der beste, den
Dresen je gemacht hat, weil sich dessen Menschenfreundlichkeit hier am Ende
nicht auf dem Parkplatz der Versöhnung abstellen lässt. Es bleibt etwas offen
in "Gundermann". Spiegel Online
„Darum ist der neue Film von Andreas Dresen
auch sehr viel mehr als nur die Biografie des widersprüchlichen und früh
verstorbenen Nachwende-Liedermachers Gundermann. Es ist ein kluger,
einfühlsamer, vielschichtiger und vor allem auch sehr berührender Beitrag zur
deutschdeutschen Geschichte, zu einem differenzierteren, menschlicheren Umgang
damit. Ein ehrliches Ringen mit individuell erlebter Vergangenheit, ganz ohne
arrogante Zeigefinger-Besserwisserei.“epd Film
Es
begann bei herrlichem September-Wetter am 27.9. und endete bei herrlichem
Oktober-Wetter am 6.10. und war ein tolles Filmfest.
Sechzehn
Filme konnte ich ansehen und es gab keine Ausfälle, sondern viel, viel großes Kino.
Meine neun
Favoriten
(beim Klick auf den Titel gelangt man zu mehr Infos und Trailern auf der
Webseite des Filmfest Hamburg):
LETO (Russland 2018),Kirill Serebrennikows musikalische
Reise durch die Rockszene St. Petersburgs in den 1980er Jahren. Ein
lebensbejahender, berührender, einfach schöner Film, den man einfach lieben
muss, wenn man Musik und insbesondere die Musik der 80er Jahre mag. Echtes
Highlight beim Filmfest Hamburg 2018, das im Kinosaal mit reichlich Beifall und
Jubel bedacht wurde. Toll!
BUENOS AIRES AL PACIFICO
(Argentinien 2018) von Mariano Donoso, ein wirklich sehr schönes filmisches
Essay mit herrlichen, poetischen Schwarzweißbildern.
ROMA (Mexiko 2018) von Alfonso Cuarón. Was für ein Genuss, diesen wundervoll in
Schwarzweiß fotografierten Film beim Filmfest Hamburg auf der größten Leinwand
Hamburgs im Saal 1 des CinemaxX Dammtor ansehen zu können.
"Was ist Kino?" fragte Katja
Nicodemus in der ZEIT, nachdem ROMA
in Venedig den Goldenen Löwen gewonnen hatte und beantwortete ihre Frage
sogleich: „Diese Frage kann man nach den 75. Filmfestspielen von Venedig auch
mit einem einzigen Wort beantworten: Roma.
In aller Stille entwickelt der Gewinnerfilm des Regisseurs Alfonso Cuarón eine
erzählerische Wahrhaftigkeit – und hinterlässt einen berührenden Nachhall.“
Hoffen wir, dass ROMA, obgleich es eine Netflix-Produktion ist, dennoch den Weg auf
Kinoleinwände findet, denn das ist der richtige Platz für dieses
Meisterwerk.
THE IMAGE YOU MISSED (Irland 2018) von Dónal Foreman war meine erste Wahl nach Durchsicht des
Programms des Filmfest Hamburg und ich wurde keineswegs enttäuscht. Es ist ein
sehr persönlicher Essayfilm, in dem Foreman das Erbe seines Vaters, des
Dokumentarfilmers Arthur MacCaig, aber auch seine niemals wirklich vorhandene
Beziehung zu ihm, aufarbeitet. Doch der Film ist mehr als ein filmischer Dialog
zwischen Vater und Sohn, er erinnert auch an den Nordirlandkonflikt und die
IRA. Die Irish Times hat sich sehr
ausführlich mit THE IMAGE YOU MISSED
auseinandergesetzt.
FIRST MAN / AUFBRUCH ZUM MOND
(USA 2018, Deutschlandpremiere beim Filmfest Hamburg) von Damien Chazelle mit
Ryan Gosling als Neil Armstrong. Chazelle hat die Biografie „First Man: The Life of Neil A.
Armstrong“ von James R. Hansen verfilmt (die mir
nicht bekannt ist) und daher ist sein Film eher ein Biopic eines Mannes
geworden, der sich dem Tod seiner kleinen Tochter nicht stellen kann, aber den
eigenen Tod nicht fürchtet. Sehrspannend fand ich die recht realistische
Darstellung der aufreibenden Vorbereitungen der ersten Mondmission, die
diversen Testflüge in recht klapprig anmutenden (sehr engen) Raumschiffen mit
großen technischen Problemen, die mehreren Astronauten das Leben kosteten,
bevor Apollo 11 dann auf dem Mond landen und Neil Armstrong als erster Mensch
seinen Fuß auf unseren Trabanten setzen konnte. Der Wettlauf im Weltraum mit
der Sowjetunion zu Zeiten des Kalten Krieges kommt auch nicht zu kurz. Ein
wirklich empfehlenswerter Film, der auch visuell überzeugt. Und ich bin immer
noch fasziniert davon, wie es gelingen konnte, im Jahr 1969 mit einer für
heutige Verhältnisse vorsintflutartigen Technik auf dem Mond zu landen und vor
allem auch wieder von dort wegzukommen. FIRST
MAN kommt am 8.11.2018 in deutsche Kinos.
A LAND IMAGINED(Singapur
2018) von Yeo Siew Hua. In diesem Film verschwimmen Realität und Traum zwischen
starken Bildern eines dystopischen Singapurs. Yeo Siew Hua, der ein großer Fan
des Film Noir ist, wie er im Q&A kundtat, macht es den Zuschauern nicht
ganz leicht, das aber vermag durchaus zu faszinieren. Neben den
dokumentarischen Elementen der Bauarbeiten zur Landgewinnung des Stadtstaates
Singapur, spielt auch die Ausbeutung der Gastarbeiter eine gewichtige Rolle. A LAND IMAGINED erhielt beim
Filmfestival in Locarno kürzlich den Hauptpreis und ist für mich eine echte
Entdeckung. Ich bin sehr gespannt auf weitere Werke dieses jungen Regisseurs.
VILLE NEUVE(Kanada
2018). Sehr
schön animiert und poetisch in Wort und Bild von Félix Dufour-Laperrière, dessen
filmisches Essay TRANSATLANTIC mich 2015 beim Filmfest Hamburg
schon außerordentlich beeindruckt hat. Man mag sich die Frage stellen, warum
die Geschichte eines geschiedenen Paares, das in einem abgelegenen Haus am Meer
wieder zueinander findet, verwoben mit dem Referendum zur UnabhängigkeitQuébecs
im Jahr 1995 in animierter Form erzählt werden muss. Sie muss es sicherlich
nicht, aber mich hat gerade diese künstlerische Form dazu gebracht, mir den
Film anzusehen. Und ich bereue es keineswegs.
WE THE ANIMALS (USA 2018) von Jeremiah
Zagar. Sehr nach meinem Geschmack. Zagar (eigentlich ein renommierter
Dokumentarfilmer) hat den poetischen Roman von Justin Torres gekonnt umgesetzt.
Es war das zweite Screening des Films beim Filmfest Hamburg im ausverkauften
Saal 2 des CinemaxX Dammtor. Der Applaus nach der Vorführung (ohne Gast) zeigt,
dass dieses berührende und bildlich toll komponierte Drama um drei Brüder in
schwierigen familiären Verhältnissen, das Erinnerungen an Terrence Malicks THE TREE OF LIFE aufkommen lässt, auch
anderen Besuchern gefallen hat.
GEGEN DEN STROMvon Benedikt
Erlingsson, politische Komödie
vor der traumhaften Kulisse Islands mit der tollen Darstellerin Halldóra Geirhardsdóttir, die am Donnerstag das
Filmfest eröffnete. Ich hatte die Gelegenheit, den Film in seiner zweiten
Vorstellung im Passage Kino mit vielen weiteren begeisterten Besuchern anzusehen.
Halldóra Geirhardsdóttir spielt eine Umweltaktivistin, die mit gewagten und
spektakulären Aktionen ganz allein der lokalen
Aluminiumindustrie den Garaus machen möchte.
Da kann ich jetzt wirklich nur alle Filmliebhaber, die GEGEN DEN STROMbeim
Filmfest Hamburg zweimal verpasst haben, beglückwünschen, dass Pandora Film Verleih ihn am 13.12.2018 in deutsche Kinos
bringen wird. Dann aber sollte man Versäumtes unbedingt nachholen. Das ist
wirklich ein eindrucksvoller Film. Auf ein informatives und amüsantes Q&A
mit Halldóra Geirhardsdóttir wird man allerdings
möglicherweise verzichten müssen.
GEGEN DEN
STROM wird übrigens für Island ins Oscar-Rennen gehen und wurde beim Filmfest
Hamburg mit dem Art
Cinema Award des Internationalen
Verbands der Filmkunsttheater (C.I.C.A.E.) ausgezeichnet.
.
Auch
schön bzw. spannend oder interessant:
MALILA: THE FAREWELL FLOWER
(Thailand 2017) von Anucha Boonyawatana im ziemlich gut gefüllten kleinen Kinosaal
des Abaton. Ein wirklich sehr schöner, fast meditativer Film, der für Thailand ins
Oscar-Rennen gehen wird.
THE IMAGE BOOK / LE LIVRE D‘IMAGE
(Schweiz 2018), Jean-Luc Godards fragmentarische Momentaufnahme der aktuellen
Weltsituation im ausverkauften kleinen Saal des Abaton. Godard ist immer noch
Godard, auch wenn seine filmischen Wege heutzutage in eine noch experimentelle
Richtung gehen. Wer aber die Kritiken nach der Premiere des filmischen Essays
im Mai in Cannes ein wenig verfolgt hat, wusste worauf er sich einließ und das
galt wohl für den Großteil der Besucher. Ein wilder Super Cut , ein Gedankenfluss
in Bildschnipseln und Worten, nicht wirklich zu fassen, sondern für
Interpretationen und reichlich Diskussionen offen. Bevor man sich an diese
Arbeit macht, kann man es vielleicht auch so zusammenfassen wie Indie Wire: “Have all the fun you want, because everybody’s doomed
anyway.“
HOTEL BY THE RIVER (Südkorea 2018), melancholisches Drama mit humorvollen Momenten und sehr
schönen Schwarzweißbildern von Hong
Sang Soo.
WE, THE DEAD(Malaysia 2017) von Edmund Yeo. Eine junge Frau
möchte nach Taiwan, aus Myanmar flüchtete Rohingya scheinen ihr eine gute
Gelegenheit zu bieten, als Schlepperin an das nötige Geld dafür zu kommen. Auch
wenn der Film das Leid der Rohingya teils vermitteln kann, ist es doch eher ein
Film über die Protagonistin Ling und ihr persönliches Leiden, wobei nicht klar
wird, warum sie unglücklich ist und unbedingt von Malaysia nach Taiwan
auswandern möchte. Die zweite Hälfte des Films dreht sich dann auch nur noch um
sie und den jungen Krankenpfleger, der sie auf ihrer Flucht vor den
Menschenhändlern, die sie als Verräterin betrachten, begleitet. Eingeschlossen
ist eine recht lange Rückblende, in der man diesen Krankenpfleger bei der
Arbeit sieht, wo er eine junge Patientin pflegt und von der er beim Treffen mit
Ling glaubt, es sei Ling gewesen. So ganz fügt sich diese Rückblende nicht ein
und somit bleiben die Teile des Filmes ein wenig unzusammenhängend.
THE PLUTO MOMENT (China 2018) von Zhang Ming über eine Reise von Filmemachern in die chinesische
Provinz. Einige sehr humorvolle Momente, allerdings fehlte mir etwas die Tiefe
in den Charakteren, die bei ihren Filmaufnahmen für einen Dokumentarfilm auf
ungeahnte Hindernisse stoßen und denen auf ihren recht beschwerlichen Wegen Zeit
für eine Selbstbesinnung bliebe. Sehr gelungen war jedoch die Szene, in der der
Arthouse-Regisseur Zhun sich von einem einfachen Landbewohner sagen lassen
muss, es gehe ihm offenbar gut, er sei fett und gut angezogen. Genau das hatte
dieser Regisseur dem Regisseur eines Blockbusters zuvor vorgeworfen. Erfreulich
auch, dass die wohl interessanteste Figur die Kamerafrau ist, die den Regisseur
zwar aufgrund seiner Arbeit als Regisseur bewundert, ihm menschlich jedoch
nicht allzu viele Qualitäten zuerkennt.
DOGMANvon Matteo Garrone – ein naiver Hundefriseur in
einer italienischen Gesellschaft, die von Armut, Gier nach Geld, Kriminalität
und Zerfall geprägt ist. Marcello Fonte spielt den Hundepfleger und
Teilzeit-Drogendealer, der die Hunde (auch wenn sie fast größer sind als er
selbst und recht böse erscheinen) sämtlich zur Ruhe bringen kann, wirklich
großartig, der Preis für den besten Darsteller in Cannesscheint schon sehr gerechtfertigt. Was Marcello bei den
Hunden erreicht, will ihm aber so ganz und gar nicht mit dem gewalttätigen
Kriminellen Simone gelingen, der den Ort tyrannisiert und dessen Freund
Marcello so gern wäre. Ein Film mit Männern und Hunden, Frauen tauchen in DOGMAN lediglich als Prostituierte und
Mütter auf. So gebührt dann die schönste Szene auch der Rettung eines Hundes
aus einem Gefrierfach.
Nicht
ganz überzeugend:
Dominga
Sotomayor Castillos TOO LATE TO DIE YOUNG (Chile 2018), für den sie in Locarno als erste Frau den Preis für die beste
Regie einstreichen konnte, hat mich persönlich etwas enttäuscht. Zugegeben ein
sehr schön fotografiertes Drama mit Bildern, die teils wie Gemälde anmuten, das
beeindruckt schon, die Story fand ich persönlich allerdings recht dünn. Mit
Coming-Of-Age-Filmen tue ich mich gelegentlich schwer, so auch mit der Story in
TOO LATE TO DIE YOUNG, dessen Titel
ich auch eher unpassend finde. Eine Gruppe von Außenseitern schafft sich im
Sommer 1990 weit entfernt vom städtischen Treiben am Fuße der Anden ein neues
Leben. Das klingt eigentlich sehr gut, zumal in chilenischen Zeiten kurz nach
dem Ende der Diktatur. Die Tat von Gegnern der Kommune (eine absichtlich
blockierte Wasserleitung) wird jedoch nicht näher verfolgt, stattdessen widmet
sich die Regisseurin und Drehbuchautorin dem jungen Mädchen Sofia, die bei
ihrem Vater in der Kommune lebt und gerne zu ihrer Mutter nach New York gehen
würde. Die Mutter scheint daran dummerweise kein Interesse zu haben und so
hängt sich Sofia an einen Mann, der mindestens doppelt so alt ist wie sie und
der nur sexuelles Interesse an ihr hat. Den Jungen Luca, der in sie verliebt
ist, weist sie hingegen zurück. Dominga Sotomayor Castillo ist selbst in einer
Kommune aufgewachsen und diese Geschichte ist möglicherweise ein bisschen auch
ihre Geschichte. Geschmäcker und Interessen sind verschieden, mich hat dieses
Werk nicht so ganz angesprochen.
Mir
ist bewusst, dass ich beim Filmfest Hamburg 2018 tolle Filme gesehen habe (mehr
als sechzehn konnten es neben der Berufstätigkeit leider kaum werden), mir ist
jedoch auch bewusst, dass ich diverse tolle Filme verpasst habe, beispielsweise
fast alle mit
Preisen ausgezeichneten Produktionen (alle Infos dazu gibt es hier),
nämlich:
SIBEL (Hamburger Produzentenpreis für
Europäische Kino-Koproduktionen)
DAS SCHÖNSTE PAAR (Hamburger Produzentenpreis für
deutsche Kinoproduktionen)
DREI GESICHTER (Iran 2018, der im Rahmen der Verleihung
des Douglas-Sirk-Preises an Jafar Panahi gezeigt wurde).
Auch auf TRAUTMANNhabe ich zugunsten von LETO verzichten müssen, konnte allerdings
zumindest bei KLAPPE AUF
(Talk-Reihe des BFFS) Marcus H. Rosenmüller, Regisseur und Drehbuchautor des
Films, im Gespräch mit Sebastian Faust erleben.
Ebenfalls
durch das Setzen von Prioritäten verloren gegangen:
Der Vorverkauf für das Filmfest Hamburg 2018 hat
begonnen! Karten erhält man sowohl online über die Webseiteals
auch in den teilnehmenden Kinos METROPOLIS, Passage, Studio, Abaton und
CinemaxX Dammtor sowie im Levantehaus.
Nur online gibt es die
Möglichkeit insgesamt 15 Karten zum Preis von 100 € (15er-Online-Spezial)bzw. 10 zum Preis von 70 €
(10er-Online-Spezial)zu
erwerben. Das Verfahren ist ein wenig umständlich, aber mit ein wenig Geduld
kommt man schon an Tickets für seine Wunschfilme. Da das Programm wirklich toll
ausschaut, lohnt es unbedingt, mehrfach zuzuschlagen.
Das Filmfest Hamburg läuft vom 27.9. bis zum 6.10.
Der Douglas-Sirk-Preis
wird in diesem Jahr an den iranischen Regisseur Jafar Panahi verliehen. Die
Veranstaltung findet am 4.10. (19.30) statt.
Meine Tipps(der
Klick auf den Filmtitel führt zu weiteren Infos auf der Webseite des Filmfests)
DOGMAN von
Matteo Garrone (Italien 2018). Der leise Thriller um einen Hundepfleger in
einem heruntergekommenen italienischen Seebad, der nach einer nicht begangenen
Tat zu einer Haftstrafe verurteilt und später aus der Dorfgemeinschaft
ausgeschlossen wird, feierte im Mai seine Premiere in Cannes und erhielt
höchstes Kritikerlob. Hauptdarsteller Marcello Fonte erhielt in Cannes den
Preis für den besten Darsteller.
WE THE ANIMALS von Jeremiah Zagar nach einem Roman von Justin
Torres (USA 2018). Die Geschichte dreier Brüder, die in recht schwierigen
familiären Verhältnissen aufwachsen. Während die beiden Älteren sich
arrangieren, flüchtet sich der Jüngste in seine eigene Fantasiewelt. Die Washington Post spricht von einem Must-See.
Mindestens Fans von Terrence Malick werden an diesem poetischen Film ihre
Freude haben.
SIBEL von
Çağla Zencirci und Guillaume Giovanetti (Türkei
2018). Die in ihrem Heimatdorf in der Nähe des Schwarzen Meeres lebende stumme
Sibel wird von der Dorfgemeinschaft geächtet. Erst die Begegnung mit einem
anderen Außenseiter gibt ihr Selbstvertrauen. Ein atmosphärisch dichter Film in
malerischer Kulisse.
GEGEN DEN STROM, Komödie vor der traumhaften Kulisse Islands von
Benedikt Erlingsson, der das Filmfest am 27.9. eröffnet (Karten gibt es jedoch
nur für die zweite Vorstellung am 29.9. zu erwerben).
TOO LATE TO DIE YOUNG von Dominga Sotomayor Castillo (Chile 2018). Eine
Gruppe von Außenseitern schafft sich im Sommer 1990 weit entfernt vom
städtischen Treiben am Fuße der Anden ein neues Leben Dominga Sotomayor Castillo gewann für ihren
sensiblen Film in Locarno als erste Frau den Preis für die beste Regie.
THE FAVOURITE (GB 2018). Yorgos
Lanthimos porträtiert in diesem Historienfilm die englische Königin Anne, die
eine heimliche Liebesbeziehung zu ihrer Vertrauten Sarah hat, bis Ungemach von
ihrer Cousine Abigail droht. Starke Frauen gespielt von so starken
Darstellerinnen wie Olivia Colman, Rachel Weisz und Emma Stone.
DAS SCHÖNSTE PAAR (D 2018). Sven Taddickens sensibles Drama
über ein Paar, das mit dem Trauma einer Vergewaltigung umzugehen versucht,
wurde in Toronto beim Filmfestival vom Publikum gefeiert.
NUR EIN KLEINER GEFALLEN von Paul Feig (USA 2017), ein Mystery-Thriller
mit Comedy-Elementen, in dem eine alleinerziehende Mutter sich nach dem
Verschwinden einer Freundin auf Nachforschungen begibt.
SHÉHÉRAZADE von
Jean-Bernard Marlin (Frankreich 2018), eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Gangsterlebens im ärmsten
Stadtviertel der französischen Hafenstadt Marseille.
THE WILD PEAR TREE (Türkei 2018). Der türkische Regisseur und
Drehbuchautor Nuri Bilge
Ceylan ist ein Meister langer Einstellungen und durchdacht arrangierter
Bildkompositionen (auch in seinem neuen Film). Bereits dreimal wurde er in
Cannes ausgezeichnet, u.a. im Jahr 2014 mit der Goldenen Palme für seinen Film
WINTERSCHLAF.
DER TRAFIKANT von Nikolaus
Leytner (Österreich 2018), Verfilmung des 2012 erschienenen Romans von Robert
Seethaler. Der Film spielt in den Jahren 1937/38. Simon Morzé spielt den jungen
Lehrling Franz Huchel, der das Leben und die Liebe im Wien zu Zeiten der
dramatischen politischen Ereignisse kennen lernt. Bruno Ganz ist als Sigmund
Freud zu bewundern.
ROMA von
Alfonso Cuarón (Mexiko 2018). 2013 erhielt Cuarón für seinen
Science-Fiction-Thriller GRAVITY jeweils den Oscar für den Besten Film und die
Beste Regie. Auch Harry-Potter-Fans dürfte er bekannt sein, denn er inszenierte
HARRY POTTER UND DER GEFANGENE VON ASKABAN. Sein neuer Film ROMA feierte am 30.8.2018 in Venedig
seine Premiere und wurde dort auch mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Das
autobiographisch geprägte Drama erzählt die Geschichte einer mexikanischen Familie
in den 1970er Jahren, als die paramilitärische Gruppe Los Halcones während
Studentenprotesten dutzende Studenten tötete (Massaker von Corpus
Christi).
TRAUTMANN von
Marcus H. Rosenmüller (Deutschland 2018) ist die Geschichte der
Torhüter-Legende Bernd Trautmann (gespielt von David Kross), der nach einer
Kriegsgefangenschaft in einem britischen Lager beschloss, in England zu
bleiben. Dort wurde er später als Torhüter von Manchester City weltberühmt.
LETO von
Kirill Serebrennikow
(Russland 2018) erzählt von der russischen Rockszene in den 1980er Jahren. Der
Film wurde im Mai in Cannes uraufgeführt, jedoch ohne den Regisseur, den der
stand unter Hausarrest. Möglicherweise geht es in seinem Film zu viel um die
Liebe zur Freiheit, wenn die Band Zoopark und der in Russland bis heute
bekannte Musiker Wiktor Zoi ihre Sehnsüchte musikalisch zum Ausdruck bringen
und damit vielen jungen Menschen in der Sowjetunion aus dem Herzen sprachen. Die
T-Shirts mit dem Aufdruck „Free Kyrill“, die in Cannes von vielen
Filmschaffenden getragen wurden, können leider noch nicht eingemottet werden - Kirill Serebrennikow steht
weiterhin unter Hausarrest und ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
AUFBRUCH ZUM MOND von Damien Chazelle, mit Ryan Gosling als Neil Armstrong
(USA 2018). Neil Armstrong, der erste Mensch auf dem Mond, dürfte fast jedem
bekannt sein. Auch Schauspieler Ryan Gosling, der Armstrong in AUFBRUCH ZUM MOND verkörpert, hat
mittlerweile einen ähnlichen Bekanntheitsgrad erreicht. Das mag dem Regisseur
Damien Chazelle noch nicht ganz gelungen sein, wenngleich er durch seinen Film
LA LA LAND einen Oscar für die Beste Regie erhielt. Mir persönlich gefiel sein
Film WHIPLASH, den ich 2014 beim Filmfest Hamburg sehen konnte, ja viel besser.
Mit AUFBRUCH ZUM MOND soll ihm
jedoch eine spannende und realistische Darstellung der aufreibenden
Vorbereitungen der ersten Mondmission gelungen sein, die wohl ihren Höhepunkt
im Betreten des Mondes finden wird. Auch wenn Chazelle den Moment, in dem
Armstrong die amerikanische Flagge auf dem Mond platzierte, ausgespart haben
soll, so kann man den ersten Schritten auf unserem Trabanten im Kinosaal
sicherlich entgegenfiebern.
Wer’s ein wenig klein, aber fein mag (wie ich):
HAPPY LAMENTO(Deutschland 2018),ein Musikfilmganz besonderer
Art von der deutschen Regielegende Alexander Kluge in Zusammenarbeit mit dem
philippinischen Regisseur Khavn De La Cruz, in dem der Elvis-Song BLUE MOON
ebenso eine Rolle spielt wie die Vorbereitungen des Trump-Besuchs beim
G20-Gipfel in Hamburg, Bandenkämpfe in Manila, Helge Schneider, Heiner Müller
und noch so manche andere zirkusreife Absurditäten.
A LAND IMAGINED (Singapur 2018) von Yeo Siew Hua. Singapur
als dystopisches, kapitalistisches Nirvana, in dem sich zwei Polizisten auf die
Suche nach einem vermissten chinesischen Gastarbeiter machen, der eigentlich
von niemandem vermisst wird. Kritiker bescheinigen dem Film eine atmosphärische
Nähe zu Ridley Scotts Blade Runner und David Lynch. Das klingt eigentlich sehr
vielversprechend. Im August erhielt A
LAND IMAGINED in Locarno recht überraschend den Hauptpreis. Man darf
gespannt sein.
THE IMAGE BOOK (Schweiz 2018), Jean-Luc Godards Momentaufnahme der
aktuellen Weltsituation. Es geht um die arabische Welt, die Frauen und die
Umwelt, zusammengetragen (bei Godard trifft es wohl besser der Ausdruck
„komponiert“) in Found Footage Sequenzen, bei denen der Altmeister sich
überlagernde Tonspuren und digital verzerrte Bilder einsetzt. Der Altmeister
ist auch technisch topaktuell.
MONROVIA, INDIANA (USA 2018), der neue Dokumentarfilm von Frederick Wiseman, die Studie
einer Kleinstadt im Mittleren Westen der USA. Wiseman zeigt das Amerika des
weißen Mannes im Trump-Land ohne den Zeigefinger zu erheben, er beobachtet und
lässt sprechen. Ein echter Wiseman, so wie man ihn schätzt.
VILLE NEUVE, ein poetischer, animierter Film aus Kanada von Félix Dufour-Laperrière
mit starken Bildern, die ausschließlich mit der Hand und schwarzer Tusche auf
Papier entstanden sind. Es ist die Geschichte eines Paares, das sich wegen der
Alkoholsucht des Mannes getrennt hat, aber nach dessen Läuterung einen neuen
Versuch wagt. Ich bin sehr gespannt auf diesen Film. 2015 hat mich
Dufour-Laperrières Essayfilm TRANSATLANTIC beim Filmfest Hamburg ziemlich
begeistert.
DAS GEHEIMNIS IM WARSCHAUER GHETTO(USA 2018),Dokumentarfilm von Roberta Grossmann über
den Historiker, Politiker und Publizisten Emanuel Ringelblum, der im Warschauer
Ghetto das geheime Archiv Oneg Schabatt aufbaute und leitete.
HOTEL BY THE RIVER(Südkorea 2018), melancholisches Drama vonHong
Sang Soo gedreht in wunderschönem Schwarzweiß. 2017 wurde sein Vorgängerfilm AT
THE BEACH AT NIGHT ALONE bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären
ausgezeichnet, Kl Joobong (in seiner Rolle als alternder Dichter) wurde
kürzlich in Locarno für sein Schauspiel in Hongs neuestem Werk HOTEL BY THE RIVER mit dem Goldenen
Leoparden ausgezeichnet.
MALILA: THE FAREWELL FLOWER von Anucha Boonyawatana (Thailand 2017),
beschrieben als eine atemberaubende Meditation über das Leben, das Sterben und
die Erinnerung.
WE, THE DEAD (Malaysia 2017) von Edmund Yeo. Eine
junge Frau möchte nach Taiwan, aus Myanmar flüchtete Rohingya scheinen ihr eine
gute Gelegenheit zu bieten, als Schlepperin an das nötige Geld dafür zu kommen.
Doch das Elend der Flüchtlinge an der thailändisch-malayischen Grenze lässt sie
nicht so kalt, wie sie sich es gewünscht hätte. Edmund Yeo zeigt in seinem
Drama die Komplizenschaft Malaysias beim Exodus an den Rohingya auf.
THE PLUTO MOMENT (China 2018) von Zhang Ming über eine Reise von
Filmemachern in die chinesische Provinz, in der sie auf allerlei
Schwierigkeiten stoßen.
Meine erste Wahl mal zwei:
BUENOS AIRES AL PACIFICO (Argentinien 2018) von Mariano Donoso. Ein Filmessay,
in dem die Geschichte der titelgebenden Bahngesellschaft wie in einem Traum aufgearbeitet
wird.
THE IMAGE YOU MISSED (Irland 2018), sehr persönlicher Essayfilm
von Dónal Foreman, in dem er das Erbe seines Vaters, des Dokumentarfilmers
Arthur MacCaig, aber auch seine niemals wirklich vorhandene Beziehung zu ihm, aufarbeitet.
Doch der Film ist mehr als ein filmischer Dialog zwischen Vater und Sohn, er
erinnert auch an den Nordirlandkonflikt und die IRA.Die Irish Times hat sich sehr ausführlich
mitTHE IMAGE YOU MISSED auseinandergesetzt.